Setzen sich für neue Technologien ein: Alexander Nieland (l.) und Thomas Reister wollen das Thema Elektromobilität für die breite Masse zum Erlebnis machen. Am Wochenende richten sie das e4 Testival in der Rennstadt aus.
Hockenheim. Mit der zweiten Auflage des sogenannten „e4 Testivals“ wollen sieElektromobilität am kommenden Wochenende auf dem Hockenheimring für die Masse im wahrsten Sinne des Wortes erfahrbar machen. Warum die beiden Veranstalter, Thomas Reister und Alexander Nieland, dabei den Kampf gegen die Klischees nicht scheuen und überzeugt auf die Leistung neuer Modelle schauen, haben sie uns im Interview verraten.
Herr Nieland, Herr Reister, wer über das Thema Elektromobilität spricht, sieht im Moment zwei Phänomene – ein aufkommendes Bewusstsein für das Thema, aber auch 17 Tonnen Kohlendioxid für die Produktion einer EBatterie. Wie geht das für Sie zusammen?
Thomas Reister: Indem man technologieoffen nach Lösungen für die Mobilität der Zukunft sucht. Das rein batteriebetriebene Fahrzeug wird eine Übergangslösung sein, das steht außer Frage, aber gerade in die Themen Brennstoffzelle und Wasserstoff wird ja gerade sehr intelligent investiert – unter anderem auch von der Mineralölindustrie.
Dennoch werden perspektivisch noch Jahre Tonnen an Lithium und Kobalt gebraucht werden, für die Raubbau an der Natur getrieben wird. Sehen Sie das unproblematisch?
Alexander Nieland: Wir stellen fest, dass die elektrisch betriebenen Fahrzeuge langsam in den Massenmarkt kommen – und wenn das passiert, reguliert der Markt das Geschehen. Wenn Sie in die Wissenschaft blicken, werden Sie feststellen, dass Batterien, die weitgehend auf diese Stoffe verzichten, gerade massiv in der Forschung sind. Und ich muss sagen: Wenn ich mir ansehe, wie die Kapazität von Handyakkus in den letzten Jahren zugenommen hat, bin ich zuversichtlich, dass wir hier in wenigen Jahren gute und sinnvolle Lösungen auf dem Markt sehen werden.
Reister: Dazu kommt, dass wir ja nicht engstirnig irgendeine Richtung vorgeben wollen. Wir sehen uns mit dem Umbau des Hockenheimrings zu einem Zentrum für neue Mobilität als Schaufenster für die Technologien von Morgen – wie auch immer diese aussehen.
Die Frage ist doch aber, ob das Angebot früh und erschwinglich genug kommen wird, damit sich mögliche Kunden den Wechsel auch leisten können. Was stimmt Sie da so optimistisch?
Nieland: Wenn man den ökologischen Gedanken jetzt mal außen vor lässt und den reinen Antriebsstrang betrachtet, hat ein klassischer Verbrennungsmotor 4000 Teile und ist hochkomplex gebaut, während ein EAntrieb aus 300 Teilen gefertigt wird. Heute ist der elektrische Antrieb noch drastisch teurer, weil das produzierte Volumen verschwindend gering ist, aber wenn die großen Autobauer 2021 ganze Modellinien elektronisch anbieten, fängt die Großserie an – und die wird erschwingliche Modelle beinhalten.
Mit Ihrer Messe und dem Mobilitätspark kämpfen Sie ja auch gegen Denkbarrieren. Glauben Sie, dass der Nutzer bereit ist, sich belehren zu lassen?
Reister: Unser Ziel ist es nicht, jemanden zu erziehen. Das Problem ist vielmehr, dass die Elektromobilität entweder als Heilsbringer verkauft, oder als teure Technologie mit zu wenig Innovation verdammt wird. Diesen Extremen wollen wir mit einem fahraktiven Erlebnis begegnen, bei dem Entscheider aus Politik und Wirtschaft, die noch nie in einem solchen Auto saßen, selbst sehen, was für einen Fahrspaß man erleben kann.
Können denn Kaufprämien von Seiten der Politik darauf die einzig richtige Antwort sein?
Nieland: Prämien bieten den Reiz, ein Thema anzuschieben – aber grundsätzlich muss Elektromobilität beim Einzelnen durch Leistung überzeugen. Denn ich weiß heute schon, dass ich mit einem E-Scooter bequemer und ökologischer fünf Kilometer durch die Innenstadt fahren kann, als mit dem Auto, aber viele tausend Andere noch nicht. Zum einen, weil man sich von alten Klischees leiten lässt, aber auch weil gezielt Lobbyismus gegen Elektromobilität betrieben wird.
Hand auf’s Herz: Ist das Thema Reichweite heute noch ein Problem?
Nieland: Also zuerst einmal haben wir im Moment gleich mehrere Startups, die massiv an der Verbesserung arbeiten – in diesem Rahmen werden wir auch einen vom Land geförderten Startup-Preis vergeben. Zum anderen beweisen wir mit einem Eco Grand Prix, den wir über zwölf Stunden ausrichten, dass dieser Vorwurf heute nicht mehr standhält. Denn dort gilt – wie auch im städtischen Straßenverkehr – nicht die Geschwindigkeit, sondern die gefahrene Strecke. Und dass die bei einer ressourcenschonenden Fahrweise selbst im Wettkampf mit nur vereinzeltem Laden zu absolvieren ist, sollte uns für den Alltag positiv stimmen.
Das Interview wurde persönlich geführt und den Gesprächspartnern zur Autorisierung vorgelegt.
© Mannheimer Morgen Markus Mertens, Donnerstag, 13.06.2019